Projekttag Strukturwandel Lausitz im Dieselkraftwerk

Am 08. Dezember 2022 nahmen wir im Rahmen der Grundkurse Geschichte von Frau Dr. Haustein und des Grundkurses Kunst von Herrn Nitschke als Klassenstufe 11 am Projekttag Strukturwandel Lausitz, von der Organisation Revierwende Lausitz geplant und im Dieselkraftwerk Cottbus durchgeführt, teil. Wie der Name schon sagt, ging es um den Strukturwandel hier in der Region, um Chancen, aber auch um die Vergangenheit, aber dazu später mehr …

1          Ablauf und Inhalte

Das Tutorium wurde in 4 Gruppen und der Projekttag in Stationen und Zwischenevents aufgeteilt. Nach der Vorstellung des Veranstalters und einer kurzen Einführung in das Thema mit einem kurzen Film (8 min) begann der Projekttag um ca. 9.30 Uhr mit der ersten Station. (Da jede Gruppe die Stationen in einer anderen Reihenfolge besuchte, ist die hier geschilderte Chronologie der Stationen nicht relevant.

In der „ersten“ Station wurde hauptsächlich über Chancen und Schwierigkeiten des Strukturwandels in der Lausitz geredet und diskutiert. Nach ein paar Kennenlern- und Positionierungs-Spielen ging es darum, was überhaupt Strukturwandel bedeutet, was in der Lausitz so besonders ist, warum hier in der Region so oft darüber gesprochen wird und was er besonders für uns Jugendliche in der Zukunft bedeutet.

Die zweite Station fand nicht im Dieselkraftwerk statt, sondern draußen auf der Mühleninsel. Diesmal ging es nicht um die Zukunft, ganz im Gegenteil, es ging um die Vergangenheit. Während eines Spaziergangs einmal um die Mühleninsel hielten wir an verschiedenen Gebäuden an und es wurde über die Geschichte der Gebäude und der Stadt erzählt. Für viele von uns war das die interessanteste Station, da man viel über Cottbus zur Zeit der Industrialisierung und über seine Wirtschaft und Industrien erfahren hat – warum diese Straße so breit ist, warum dieses Gebäude so aussieht und an diesem Platz steht und warum dieser Park so aufgebaut ist und existiert.

Wieder angekommen beim Dieselkraftwerk, ging es in seine Kreativ-Werkstatt, wo die dritte Station war. Diese war weniger informativ, sondern einfach die Möglichkeit, ein wenig kreativ zu werden. Unsere Aufgabe war es, Stempel aus Moosgummi anzufertigen und damit eine Maschine auf ein großes Blatt Papier zu drucken, bei der der Input, der Output und die Technik zu sehen sind. Da unser Jahrgang ja in 4 Gruppen unterteilt war, hatte jede Gruppe eine der 4 Aufgaben.

Nach der anschließenden halbstündigen Mittagspause traf sich der ganze Jahrgang wieder im Versammlungsraum ein bevor es mit der letzten Station losging. Dort präsentierte ein junger Mann die LEAG als Konzern, der zwar hauptsächlich durch den Kohleabbau und seine Verbrennung und Energiegewinnung bekannt ist, aber in Zukunft – mehr oder weniger gezwungen – plant, das Strukturwandel-Unternehmen schlechthin zu werden. Er plant und forscht an großen Projekten, wie die geplante Big Battery und will in den nächsten Jahren auf erneuerbare Energien und deren Instandhaltung und andere neue nachhaltige Wirtschaftssektoren umsteigen.

Nun war die letzte Station angebrochen. Dort wandten wir das über den Strukturwandel Erfahrene an, in einem Spiel: In vier Gruppen aufgeteilt, planten wir Strukturwandel-Projekte in fiktiven Städten, die die dortigen Probleme und Herausforderungen lösen und den Visionen und Erwartungen der Bürger gerecht werden. Dazu berieten wir uns in den Gruppen über Lösungen der Probleme in den Städten und deren Vor- und Nachteile. Wir grübelten, welche Lösung am besten zum Problem passt und welche Folgen aus unserer Strategie entstehen könnten, in sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Als alle Gruppen ihre Strukturwandel-Strategien und -Projekte für ihre Städte ausgearbeitet haben, wurden diese in der großen Gruppe vorgestellt. Am Ende wurde gewählt, welches fiktive Projekt die größten Chancen für die Stadt bietet und deshalb gefördert werden sollte.

Zum Ende des Projektes trafen sich alle wieder im Versammlungsraum zu einem Resümee des Tages ein, um zu besprechen, was neu für uns war, wie wir es fanden und was wir aus dem Projekt mitgenommen haben.

Desweiteren bot man uns die Möglichkeit, zusätzlich zum eigentlichen Projekt, um 18 Uhr (wieder im Dieselkraftwerk) bei zwei zusätzlichen Events teilzunehmen. Zunächst fand eine Fragerunde mit dem Oberbürgermeister der Stadt Cottbus (Tobias Schick) statt, bei dem ein paar aus unserem Tutorium den Oberbürgermeister bezüglich im Voraus durch das Tutorium aufgeschriebenen Fragen interviewte. Aus mehr als 30 Fragen wurden 7 Fragen ausgelost, unter anderem jene, die in der Bevölkerung kontrovers diskutierte Dinge thematisierten wie z.B. die von die Ampelkoalition geplante Cannabis-Legalisierung. In der Runde der Befragten waren neben dem Oberbürgermeister auch eine Frau einer Strukturwandelorganisation, die zuvor bei der BTU arbeitete und der Regisseur des Films Gundermann, der vom gleichnamigen Liedermacher und Baggerfahrer erzählt, dem das Leben in der DDR viele Widersprüche bereitet. Einerseits fordert er Umweltschutz, andererseits arbeitet er im Tagebau. Einerseits fordert er mehr Arbeitsschutz und bessere Arbeitsbedingungen, und sehnt sich nach einem guten Miteinander, andererseits ist er bei der Staatssicherheit tätig, was er nach der Wende zutiefst bereut.

2          Wozu?

Im Fach Geschichte wird im ersten Halbjahr der 11. Klasse die Industrialisierung (19. – 20. Jahrhundert) behandelt. Man könnte meinen, der Strukturwandel in der Lausitz hätte doch eigentlich nichts mit dem 19. und 20. Jahrhundert zu tun – auf den ersten Blick scheint das wirklich so. Wenn man sich aber mit diesen 2 Dingen auseinandersetzt, stellt man schnell fest, dass die Industrialisierung auch nichts anderes als ein massiver Strukturwandel war. Auch wenn der Strukturwandel in der Lausitz (auch das, was von ihm in Zukunft noch kommt) vom Ausmaß her nicht an die industrielle Revolution herankommt, lassen sich viele parallelen feststellen, da es sich bei der Industrialisierung auch „nur“ um einen Strukturwandel handelt – mit größerem Ausmaß.

Projekttage wie Strukturwandel Lausitz haben demnach das Potenzial, den Schüler*innen das Geschehen der Industrialisierung verständlicher zu machen. Durch intensive Auseinandersetzung mit dem jetzigen Strukturwandel und seinen Gründen, Folgen, Hürden und Chancen wird klarer, warum die eine oder die andere Sache in der Industrialisierung so ablief wie sie abgelaufen ist. Besonders die letzte Station (die mit dem Strukturwandel-Spiel) trägt dazu bei, dass die Spieler*innen das Thema Strukturwandel verstehen, da sie gezwungen sind, selber Strukturwandel zu planen.

3          Fazit

Der Strukturwandel in der Lausitz, ausgelöst durch den geplanten Kohleausstieg 2038 aus Klimaschutzgründen und dem damit verbundenen Wegfall an Massen von Arbeitsplätzen und der Befürchtung des wirtschaftlichen Zusammenbruchs der Region, bringt enorme Herausforderungen mit sich. Neue Arbeitsplätze müssen geschaffen werden und die Lausitz muss wieder ein Wirtschaftszentrum Deutschlands werden. Dazu sind große Fortschritte in Infrastruktur, Forschung und Bildung nötig. Doch genau das ist die Chance für uns Jugendliche – die damit verbundene händeringende Suche nach Arbeitskräften, verstärkt durch den Verlust vieler Arbeitnehmer, die in Rente gehen, bietet uns eine große Auswahl an Arbeitgebern, bei denen wir arbeiten können, und gesucht werden. Desweiteren haben junge Menschen hier in der Region sehr viele Möglichkeiten (viel mehr als in manch anderer Region) ihre Zukunft selber mitzugestalten, durch Einbringung in der Politik.

Projekttage wie jener, an dem die Jahrgangsstufe 11 teilgenommen hat, sind in zwei Hinsichten bildend. Erstens lernen junge Menschen, welche Chancen der Strukturwandel hierzulande für sie bietet, und welche Herausforderungen sich ihnen stellen. Wo sie sich selber in den Strukturwandel einbringen können und warum sie das tun sollten. Zweitens haben diese Tage das Potenzial, Schülerinnen und Schülern das Thema Strukturwandel insofern anschaulich zu machen, dass sie das Thema Industrialisierung im Fach Geschichte und seine Gründe und Folgen besser nachvollziehen können.

Lars Wilhelm Sumin (11. Jg.)

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